Nein, die Evolution ist nicht zufällig

Und die natürliche Auslese ist kein Zufallsprozess.

Dieser Text stammt von Laith Al-Shawaf, Ph.D. und wurde von mir aus dem Englischen übersetzt. Er wurde ursprünglich hier publiziert: https://www.psychologytoday.com/us/blog/six-impossible-things-breakfast/202112/evolution-is-not-random

HAUPTPUNKTE

  • Die Evolution ist nicht zufällig, und die natürliche Auslese ist kein Zufallsprozess.
  • Der Hauptfehler besteht in der Verwechslung von natürlicher Selektion und Mutation.
    Die Überwindung dieser Verwechslung ist der Schlüssel zum Verständnis von Evolution und natürlicher Selektion.

Haben Sie jemals eine Aussage wie diese gehört?

“Ich kann nicht glauben, dass etwas so Schönes und Komplexes wie das menschliche Auge das Ergebnis eines Zufallsprozesses wie der Evolution sein könnte”?

Oder wie diese:

“Es scheint unwahrscheinlich, dass die komplizierte molekulare Maschinerie der Zelle – eine fein abgestimmte Nanofabrik von erlesener Komplexität – zufällig entstanden sein könnte”?

Das grundlegende Argument, das hier vorgebracht wird, lautet wie folgt:

Prämisse 1. Diese komplexen, organisierten, funktionellen Teile des Körpers und des Gehirns können unmöglich durch Zufall entstanden sein.

Prämisse 2. Die Evolution ist ein Zufallsprozess.

Schlussfolgerung: Diese komplexen Teile des Körpers und des Gehirns können also kein Produkt der Evolution sein.

Der fatale Fehler in diesem Argument ist, dass die Prämisse 2 falsch ist. Die Evolution ist kein zufallsgesteuerter Prozess; das ist ein weit verbreitetes Missverständnis.

Um zu verstehen, warum das ein Fehler ist, können wir die Evolution in zwei Schritte unterteilen:

Schritt 1: Mutation. Durch diesen Schritt gelangen neue genetische Varianten in die Population.

Schritt 2: Natürliche Auslese. Bei diesem Schritt gelangen einige dieser neuen genetischen Varianten in die nächste Generation, andere wiederum nicht.

(Dies ist zwar eine Vereinfachung, aber für unsere Zwecke völlig ausreichend).

Schritt 1, die Mutation, ist zufällig. Mutationen entstehen nicht, um einen aktuellen “Bedarf” des Organismus zu decken. Sie sind blind und es fehlt ihnen an Weitsicht, so dass sie auch zukünftige Bedürfnisse nicht vorhersehen können. In diesem Sinne kann man sie durchaus als zufällig bezeichnen. Man kann sie auch in dem Sinne als “zufällig” bezeichnen, dass sie nicht automatisch hilfreich sind; eine neue Mutation kann sich als nützlichschädlich oder neutral erweisen.

Allerdings:

Schritt 2, die natürliche Auslese, ist keineswegs zufällig. Vielmehr ist sie das diametrale Gegenteil von Zufall. In diesem Schritt werden Mutationen, die sich als vorteilhaft für den Organismus erweisen, mit größerer Wahrscheinlichkeit in die nächste Generation übernommen, weil sie das Überleben oder die Fortpflanzung des Organismus fördern. Mutationen, die schädlich sind, haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, in die nächste Generation zu gelangen, weil sie die Überlebens- oder Fortpflanzungswahrscheinlichkeit des Organismus verringern. Wenn Sie einen Moment darüber nachdenken, werden Sie feststellen, dass dies das Gegenteil eines zufälligen Zusammenhangs ist. Wenn etwas zufällig ist, ist es von Natur aus unvorhersehbar und nicht geordnet. Die natürliche Auslese ist das Gegenteil davon. Sie ist logisch und vorhersehbar: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mutation in die nächste Generation gelangt, hängt in vorhersehbarer Weise von ihren Auswirkungen auf das Überleben und die Fortpflanzung ab. Vorteilhafte Mutationen werden tendenziell weitergegeben, während schädliche verschwinden. Es handelt sich hierbei um eine zwangsweise und geordnete Beziehung – das Gegenteil von “Zufälligkeit”.

Der Hauptfehler besteht darin, dass Menschen manchmal Mutationen (die zufällig sind) mit natürlicher Auslese (die nicht zufällig ist) verwechseln. Die Evolution ist ein Prozess, bei dem zufällig mutierte Gene durch das höchst unzufällige Sieb der natürlichen Auslese laufen.

Es ist erwähnenswert, dass eine der anderen evolutionären Kräfte, die genetische Drift, zufällig ist und evolutionäre Veränderungen verursachen kann. Der entscheidende Fehler besteht darin, zu glauben, dass die natürliche Auslese oder die Evolution insgesamt zufällig ist.

Und da die natürliche Auslese im Grunde genommen nicht zufällig ist, sind auch die funktionellen Produkte, die sie hervorbringt – wie die Borsten des Stachelschweins, die Verteidigungsfähigkeiten des Bombardierkäfers und die Science-Fiction-artige Übernahme der Verhaltenssteuerung der Schabe durch die Larve der Juwelwespe – in hohem Maße nicht zufällig.

Demnach, ja: biologische Errungenschaften wie das Auge, die Plazenta und die drei Herzen des Tintenfisches können sich nicht zufällig entwickelt haben. Und in der Tat, das sind sie auch nicht. Mutation ist zufällig, aber natürliche Auslese ist es nicht.

Und die natürliche Auslese ist kein Zufallsprozess.